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Die Gesellschaft für Philosophische Praxis GPP lädt ein:
Frühlingstage im Strandhotel Buckow am Schermützelsee
Sonntag, 21. Mai, bis Freitag, 26. Mai 2023 (optional: 27. Mai)
Philosophie der Hoffnung -
oder: Einen Mann wie Bloch haben wir nötig
Dozent:
Dr. Gerd B. Achenbach
Die „Frühlingswochen” sind seit mehr als zehn Jahren fester Programmteil im Jahreslauf der Gesellschaft für Philosophische Praxis GPP: Nach und nach wurden einige der großen, bedeutenden Namen der Philosophie, herausragende Ausnahmegestalten des weltbewegenden Denkens, vorgestellt: Sokrates, die Stoa, mein Freund Montaigne, Rousseau, Kant, Hegel, Schopenhauer, Carl Schmitt und zuletzt, im vergangenen Jahr, als „Doppelgespann” Dostojewski und Kierkegaard.
Bis jetzt waren wir stets im Schloß Steinhöfel zu Gast - doch Familie John, die uns all die Jahre so vorzüglich betreute, hat die Leitung des Hauses abgegeben, und nun ist die Einrichtung in Hände geraten, die mit einer Tagung wie unserer offenbar überfordert wäre. Was also tun?
Da war zunächst guter Rat teuer. Doch Familie John hat geholfen!
Unweit von Steinhöfel, ebenfalls im Brandenburger Land, doch nun nochmals schöner, landschaftlich idyllisch gelegen inmitten der „Märkischen Schweiz”, am Ufer des Schermützelsees, lädt uns - zu denselben seinerzeit mit Steinhöfel ausgehandelten besonders günstigen Konditionen - das frisch renovierte „Strandhotel Buckow” ein, eine Woche lang in ihrem Hause Gast zu sein.
Was für ein Glück! Denn auch, als wir noch mit Steinhöfel als Seminar-Standort rechneten, war als obligatorischer Ausflug ein Besuch Buckows, nur 14 km entfernt, vorgesehen.
Warum?
Weil wir dort das (gleichfalls erst kürzlich renovierte) Brecht-Weigel-Haus besuchen wollten, jenes prächtige ehemalige Atelier-Haus, in dem Bert Brecht bis zu seinem Tod 1956 mit Helene Weigel seine letzten Lebensjahre verbrachte, und das, unweit von unserem Hotel, gleichfalls am Seeufer liegt.
Warum dieser Besuch obligatorisch sei? Suchte man zu Blochs Philosophie der Hoffnung das literarische Pendant, so fiele die Wahl unzweifelhaft auf seinen nahezu lebenslangen Freund Bertold Brecht, der sich seinerseits als „Philosoph auf der Bühne” und ausdrücklich als „praktischer Philosoph” verstand und sogar in vielerlei Hinsicht als Anreger einer seriösen Philosophischen Praxis zu lesen ist. (Vgl. dazu ausführlich das lobenswerte Büchlein des Tübinger Philosophen Helmut Fahrenbach: „Brecht zur Einführung”, und von Brecht selbst zum Beispiel die „Geschichten vom Herrn Keuner”! Eine Zitate hier.)
Doch damit jetzt zu Ernst Bloch: einem der interessantesten, erregendsten, prozeßkundig am großen Weltgang orientierten Denker ‒ dem vorerst letzten wirklich „großformatigen” Philosophen, der ein umfassendes Weltbild hingestellt hat wie aus einem Guß: Ernst Bloch ‒ Philosoph des „Prinzips Hoffnung” und wortgewaltiger Verkünder einer „Ontologie des Noch-Nicht-Seins”.
Ein Zitat vorweg von Wittgenstein - sehr treffend im Blick auf Ernst Bloch:
Die Werke der großen Meister sind Sonnen, die um uns her auf- und untergehen. So wird die Zeit für jedes große Werk wiederkommen, das jetzt untergegangen ist.
Zur Zeit behandeln sie ihn wie einen „toten Hund” [so wie Brecht ...] ‒ doch man täuscht sich: es ist lediglich verdächtig still um ihn geworden. Wer dennoch an ihn rührt, wird was erleben: Womöglich wirft ihn dieser berufene Denker des Voraus und Voran ‒ und klug erbenden Erinnerns! ‒ unversehens und höchst lebendig aus den eingefahrenen Denkwegen ... Von ihm möchte ich sagen, was der junge Nietzsche einst meinte, als er hörte, man wolle Goethe, der sich schließlich (mit 82 Jahren) „ausgelebt” habe, zum alten Eisen werfen: er ‒ so Nietzsche damals ‒ „würde gern ein paar Jahre des »ausgelebten« Goethe gegen ganze Wagen voll frischer hochmoderner Lebensläufte einhandeln, um ... vor allen zeitgemäßen Belehrungen durch die Legionäre des Augenblicks bewahrt zu bleiben”.
So ist es recht: Gegen die allgegenwärtigen Möchtegern-Kassandras und Alarmschläger in den Gazetten und das eingeschüchterte Muckertum der Unterrichteten möchte ich meinerseits einen Mann aufbieten, für den die Devise galt, noch sei „nicht aller Abende Tag” ‒ vielleicht, daß sich mit ihm einer kleinlaut, zahm und lahm gewordenen Zeit zurück auf die Beine helfen ließe?
Doch was werden wir uns von ihm zu Gemüte führen?
Zuerst einige seiner kurzen Prosastücke aus den „Spuren” ‒ Blochs Pendant zu Adornos „Minima Moralia” ‒: philosophisch hintersinnig eingefädelte Geschichten, die der zeitfälligen Gedankenlosigkeit auflauern ‒ etwa mit einem Lob der Muße, die kein Herumhängen in der „Schlaf- und Gähnkammer der Langeweile” meint ‒ oder das modern-eindimensionale Weltbild provozieren ‒ indem sie vom geheimen „Leben der Dinge” berichten ‒, oder Bloch schiebt uns Unbequemlichkeiten unter, die er in bester Weisheitstradition als heilsam-bittere Pillen verabreicht ‒ die „Vorübung auf den Tod” gehört dazu.
Vor allem: Bloch irritiert. Das ist Philosophen-Vorrecht, wenn nicht -Auftrag. So mit dem kleinen Text „Gruß und Schein”: Auf manchen Dingen laste eine schreckliche Vergangenheit, und dennoch lockten sie mit einem „guten Schein” und seien so das Versprechen einer besseren Zukunft. Da ist kundige Hoffnung am Werk: Im Anblick des Widrigen hat sie sich zu bewähren.
Was sonst? Selbstverständlich will ich ‒ in groben Zügen ‒ die Hauptgedanken seines opus magnum vorstellen, das den grundlegenden Gedanken sogleich in die zwei Begriffe des Titels packt: „Prinzip Hoffnung”. Und da Bloch, schon hoch betagt, noch einmal nachlegte, verstand er es wieder, die wesentliche Botschaft nur zwei Worten mit auf den Weg zu geben: „Experimentum Mundi”. Darin wird uns vor allem das Kapitel „Aufklärung und Teufelsglaube” beschäftigen. Nochmals Grundsätzliches enthält sein Vortrag „Zur Ontologie des Noch-Nicht-Seins”.
Und da es wieder einmal an den zwielichtigen Rändern rumort, ist Blochs Schrift „Erbschaft dieser Zeit” (1935!) von unheimlicher Aktualität; wir schauen hinein ...
Schließlich soll ‒ soviel Zeit dafür bleibt ‒ einiges aus „Atheismus im Christentum” zur Sprache kommen, dessen gewaltige These bereits auf dem Buchdeckel zu lesen steht: „Nur ein Atheist kann ein guter Christ sein, nur ein Christ kann ein guter Atheist sein”.
Und natürlich werde ich auf Blochs Wertschätzung seines Freundes B.B. eingehen, die er ausführlich im „Prinzip Hoffnung”, in den „Literarichen Aufsätzen” und in „Erbschaft dieser Zeit” vorgelegt hat.
Was hingegen Blochs nachgereiften Marxismus angeht, mache ich kein Hehl daraus: sein lautstarkes ceterum censeo für den endlich ins Geschichtsziel gehievten roten Sozialismus ging mir schon damals ‒ anders als den revoltierenden Achtundsechzigern ‒ wider den Geschmack [wie nicht anders Brechts sogenannte „Lehrstücke”], wohingegen mich seine leisen Töne tief bewegten, mit denen er im Vortrag „Über den Begriff Weisheit” für eine reife Ruhe, ja sogar noch einmal für die „Meeresstille des Gemüts” ein gutes Wort einlegt oder die „kostbar-schlichte Einfachheit des Tao” lobt als „Feier des Lautlos-Waltenden”. Auch diesen Bloch ‒ der schon früh „Die Güte der Seele und die Dämonie des Lichts” beschwor ‒ gibt es eben, den Philosophen, der ‒ paradox formuliert ‒ gerade nachdrücklich nicht auftrumpft. Der sogar ‒ anläßlich der Entgegennahme des Friedenspreises in der Paulskirche ‒ die Zeile des jungen Goethe „Über allen Gipfeln ist Ruh” als „Losungswort” feiert, als „Archetypus” sogar und hoffnungsvollste „Weissagung aller großen Religionen”.
Alles "Technische" findet sich hier
Ja, Buckow ist schön.”
[Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Das Oderland. Aus dem Artikel: „Buckow”.]
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Das Buch: „Zur Einführung der Philosophischen Praxis”
Meine Dissertation über Hegel
1981 in Gießen bei Odo Marquard zum Thema „›Selbstverwirklichung‹ oder ›Die Lust und die Notwendigkeit‹. Amplifikation eines Hegelschen Kapitels aus der ›Phänomenologie des Geistes‹” abgelegt, ist ab jetzt hier im pdf-Format nachzulesen.
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