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Gerd B. Achenbach: "Arnold Gehlens traurig-heitere Philosophie der Institutionen und ihres Verfalls"

- Urmensch, Spätkultur und „Hypermoral”

Freitag-Vortrag vom 13. Januar 2012
CD Nr. 343
Daß die „68-er” diesen traditionstreuen, fortschrittsskeptischen Denker der Institutionen nicht mochten - von Adorno einmal abgesehen, der ihn schätzte und das Gespräch mit ihm suchte -, ist nicht verwunderlich.
Aber daß man diesen klugen und wunderbar einzelgängerischen Theoretiker des Mängelwesens Mensch, das darauf angewiesen ist, sich von Sicherheit gewährenden Institutionen „konsumieren” zu lassen, auch dann noch ignorierte, als man längst den Experimentaltumult der WG gegen das wohlsituierte Leben
in der renovierten Altbauwohnung eingetauscht hatte, das ist unverständlich
und läßt Tendenzen zu halbbewußter Selbstverdummung vermuten.

An diesem Abend hingegen wurde an den so konsequenten Anthropologen
wie fulminanten Meister der Polemik erinnert, den Verfasser des Klassikers „Der Mensch”, Autor von „Urmensch und Spätkultur” und der süffisant-bösartigen Abrechnung mit der 68-er Revolutionsromantik, die, als „pluralistische Ethik” getarnt, 1970 unter dem Titel „Moral und Hypermoral” erschien.

Um für dieses eine Mal an Sprengstoff nicht zu sparen, habe ich außerdem einen Blick in seinen späten Essay „Matriarchat” geworfen - ein Dokument uneingeschüchterter Beobachtungsgabe (aus: „Einblicke”).

Im Zentrum aber stand Gehlens unerledigte Theorie der Institutionen. Zitat:

„Institutionen sind so riskiert, wie der Mensch selbst, und sehr schnell zerstört,
die Kultur unserer Instinkte und Gesinnungen muß von jenen Institutionen von außen her versteift,
hochgehalten und hochgetrieben werden, und wenn man diese Stützen wegschlägt,
dann primitivisieren wir sehr schnell, dann vernatürlicht sich der Mensch und wird zurückgeworfen auf die konstitutionelle Unsicherheit und Ausartungsbereitschaft seines Antriebslebens.
Die Bewegungen nach dem Verfall zu sind stets natürlich und wahrscheinlich,
die Bewegungen nach der Größe, dem Anspruchsvollen und Kategorischen hin
sind stets erzwungen, mühsam und unwahrscheinlich.
Das Chaos ist ganz im Sinne ältester Mythen vorauszusetzen und natürlich,
der Kosmos ist göttlich und gefährdet.” (Urmensch u. Spätkultur)
 
 




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